Ausgrabung Dolmen
Der Fundort des Dolmens liegt am Rand des Dorfkerns, etwas unterhalb der Kirche und in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs.
Nur ein kleines Stück der mächtigen Deckplatte ragt aus einer Weide und störte bim Mähen. Beim Versuch, diesen Stein zu entfernen, wurde das ausserordentlich gut erhaltene Kollektivgrab entdeckt und der Archäologische Dienst des Kantons Bern wurde beigezogen.
Die Grabungen begannen im Februar 2012 und dauerten bis in den Dezember des gleichen Jahres. Der Archäologische Dienst untersuchte das Grabmonument jeweils mit einer vierköpfigen Equipe auf einer Fläche von 144m2. Ziel war es, die aussergewöhnliche Anlage in ihrem Kontext besser zu verstehen, die Funde und menschlichen Reste mit den aktuellen Methoden der Forschung zu bergen und die Befunde sorgfältig zu dokumentieren.
Der Dolmen bestand aus vier Findlingsblöcken, die paarweise die Seitenwände der Grabkammer bildeten und die mächtige Deckplatte trugen. Diese war grob trapezförmig zugerichtet. Für die Konstruktion der Kammer wurden Granitfindlinge verwendet, die in der letzten Eiszeit vom Rhone- oder Aaregletscher in die Region transportiert worden waren.
Zwei stehende Gneisblöcke flankierten wie Stelen den Eingangsbereich. Alle senkrecht aufgerichteten Steine waren in Gruben eingesetzt und mit Jurakalkblöcken verkeilt. Die 1,4x2m grosse Grabkammer besass einen sorgfältig verlegten Boden aus lokalen Kalksteinplatten.
In der trapezförmigen Grabkammer des Dolmens von Oberbipp wurden im ausgehenden 4. Jahrtausend v. Chr. rund 30 Personen bestattet. Nach dem Entfernen der Deckblatte und des grössten Teils der Einfüllung der Grabkammer sind unter den letzten Skelettlagen die Platten des Grabkammerbodens zu erkennen. Ein verwitterter Tuffsteinblock bildet die Eingangsschwelle. Die meisten der tragenden Steine der Seitenwände wurden bei einem Hochwasserereignis verschoben. Radiokarbondaten von menschlichen Skeletten und Holzkohlestücken sowie einige Funde aus der Grabkammer datieren den Dolmen ins ausgehende 4. Jahrtausend v. Chr.
Fundobjekte aus der Grabkammer
Skelette aus der Jungsteinzeit sind ausgesprochen selten. Aufgrund der Anzahl der geborgenen Schädel ist in Oberbipp mit der Bestattung von rund 30 Personen zu rechnen. Sie wurden parallel neben- und übereinander im Dolmen platziert, gestreckt auf dem Rücken oder leicht zur Seite gedreht. Die Schädel lagen meist beim Eingang im Südosten. Eine Person wurde möglicherweise in sitzender Stellung in der Nähe des Eingangs beigesetzt.
Eine erste anthropologische Begutachtung zeigt alle Altersgruppen und Geschlechter: Männer, Frauen und Kinder. Neben Sterbealter und Geschlecht können mithilfe der Anthropologie auch Fragen zu Todesursache, Gesundheitszustand und Ernährungsgewohnheiten der Bestatteten untersucht werden. Möglicherweise lassen sich auch Rückschlüsse auf die soziale Stellung einzelner Personen, auf die Herkunft und die Verwandtschaftsverhältnisse ziehen.
Zwischen den Skelettresten lagen einzelne Kleinfunde, die wir als Grabbeigaben interpretieren. Dazu gehören Geräte beziehungsweise Waffen wie ein Silexmesser und neun Silexpfeilspitzen. Daneben sind aber auch Schmuckobjekte wie eine kleine Steinperle und sechs Tierzahnanhänger, darunter ein schlecht erhaltener Eberzahn, sowie eine (Meeres-) Schnecke nachgewiesen. Leider lassen sich die Objekte nicht mehr einzelnen Bestattungen zuweisen.
Ausserhalb des Dolmens wurden zwei weitere Pfeilspitzen gefunden. Aus den Schichten rings um die Anlage stammen zudem Funde aus dem Mittelalter, aus römischer Zeit und der Bronzezeit. Die Schichten, die vor dem Bau des Dolmens abgelagert wurden, lieferten neben zahlreichen Silexabschlägen und Splittern auch Artefakte und einzelne Holzkohlesplitter. Sie belegen, dass die Nutzung des Areals bis in die Mittelsteinzeit zurückreicht (9./10 Jt. v. Chr.).
Aufbau
In der Gemeinde Oberbipp wurde ein geeigneter Standort, hinter der Kirche, für eine Rekonstruktion des Dolmens gefunden. Soweit als möglich sollen für den Wiederaufbau die Originalsteine verwendet werden. Leider sind die tragenden Seitensteine durch die lange Bodenlagerung mürbe geworden und müssen ersetzt werden. Die mächtige Deckblatte ist deshalb auf neuen Seitensteinen aufgesetzt worden. Die Kalksteinplatten des Grabkammerbodens sind im Original wieder verlegt worden. Die 7.5t schwere Deckblatte wurde mithilfe eines Lastwagenkrans auf die Seitenwände aufgelegt. Der Wiederaufbau des Dolmens wurde durch die Firma Lanz Gartengestaltung GmbH ausgeführt.
Am 26. Oktober 2014 wurde der Dolmen in einer feierlichen Zeremonie eingeweiht.